Welch seltsamer Geruch in der Kirche

 

Es ist doch gut, dass es in unserem Kirchengebäude nur eine Maus gibt; "mich, die Kirchenmaus."

 

Da die Kirche mein Zuhause ist, kenne ich mich dort sehr gut aus. Ich husche einmal hier hin und dann wieder dort hin, und ab und zu wird meine Neugierde befriedigt, denn dann habe ich irgend etwas erschnüffelt und aufgespürt. Wenn ich durch den Kirchenvorraum laufe, sehe ich von weitem das bunte Getümmel der vielen Regenschirme. Schaue ich etwas höher, dann erkenne ich einige Schals und Kleidungsstücke die vom Haken herunterhängen. Und an einem der obersten Haken bleibt auch schon mal ein Hut zurück. Es ist mir auch nicht entgangen, dass hin und wieder ein eigenes Gesangbuch oder eine Brille auf der Kirchenbank vergessen werden. Diese Gegenstände entdecke ich hier in meiner Kirche ja tagtäglich.

 

Aber was ich vor kurzem entdeckt habe, finde ich sonst hier nicht jeden Tag.

 

Ich huschte wie jeden Tag neugierig u. vergnügt durch unser Kirchengebäude, als mir ein, für uns Mäuse, angenehmer Geruch in meine Nase zog. Wie von unsichtbarer Hand gezogen stand ich auf einmal im Küsterraum und sah benutzte und unbenutzte Teebeutel herumliegen. Weiter führte die Spur in den Glockenturm. Hier, wo es bald so kalt ist wie in einem Kühlschrank, entdeckte ich auf einem Regal Wurst, Butter, Buttermilch, Vitaminsäfte, Orangen, Möhrensaft, Päckchensuppe und, mein Mäuseherz schlug höher, "Käse". Meine Nase führte mich dann durch die Kirche, die Wendeltreppe hinauf, und endete vor dem Schrank der Orgel. Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Die Schranktüre stand einen Spalt weit offen und ich entdeckte eine ganze Tüte mit Haferflocken. Als mein Blick nach links fiel, sah ich einige Sitzkissen und eine Decke zu einer Schlafstätte zurecht gemacht.

 

Jetzt fiel es mir wie Schuppen von den Augen.

 

Unser Organist hatte sich hier häuslich niedergelassen. Er stand kurz vor seiner Kirchenmusikerprüfung und musste daher sehr viel Zeit zum Üben in der Kirche aufbringen.

Heute wissen wir, dass es sich gelohnt hat, denn unser Organist hat seine Prüfungen bestanden. Er ist jetzt ein fertiger "Kirchenmusiker". Der Nachteil für mich ist, dass die ganzen schönen Lebensmittel alle aus der Kirche verschwunden sind. Wer weiß, was ich in Zukunft noch alles hier entdecke.

 

Eure Kirchenmaus